Aus der Geschichte der Kirmes in Schnellmannshausen
Die Kirmes. Ein Höhepunkt , dem besonders die Dorfjugend entgegenfiebert. Sind sie doch für die Organisation und Durchführung verantwortlich und stellen dabei gleichzeitig die Hauptakteure. Jeder der einmal dabei war wird sich später an „seine“ Kirmes erinnern. Dabei ist ihre Herkunft weitgehend in Vergessenheit geraten.
Als typisches Dorf- und Familienfest, zu dem auch die Verwandtschaft aus nah und fern anreiste, wird die Kirmes über mehrere Tage gefeiert.
Die Schnellmannshäuser Kirmes beginnt einige Wochen und Monate vor dem festgesetzten Termin mit regelmäßigen Versammlungen der Kirmesburschen, wo die vier Platzmeister gewählt und die Kirmes vorbereitet wird. Teilnehmen darf jeder unverheiratete Bursche ab 16 Jahren. Die Platzmeister sind für die Organisation und den reibungslosen Ablauf verantwortlich. Sie tragen als Zeichen der Amtsgewalt eine „Patsche“. Zusätzlich der erste und zweite Platzmeister eine rot-weiße Scherbe, der dritte und vierte Platzmeister eine besondere Schleife (Bändchen). Die anderen Kirmesburschen tragen ein rotes Schleifchen (Bändchen). Natürlich ist festliche Kleidung Pflicht.
Los geht es im August mit dem „Kirmesantanz“. Früher wurde es „Kleine Kirmes“ genannt.
Die „Große Kirmes“ im September beginnt Freitagabend mit einem Fackelumzug der an der Gaststätte „Zum Löwen“ beginnt und am Sportplatz mit einem großem Kirmesfeuer endet. Anschließend findet eine Disco im Gemeindesaal statt. Nach dem aufräumen und schmücken Samstagmorgens fängt die Kirmes pünktlich um 14.00 Uhr vor der Gaststätte „Zum Löwen“ an. Nach dem Umzug der Kirmesburschen zum Festplatz folgen nun „Platzmeistertour“, „Hammeltour“ und „Straußenreigen“. Zur Hammeltour müssen die Hammel, das sind die Kirmesneulinge, zeigen das sie tanzen können. Zuwiderhandlungen werden mit einer Geldstrafe belegt. Das gleiche trifft für jeden Kirmesburschen zu, der sich nicht an das Reglement hält.
Der Straußenreigen ist ein Relikt früherer „Heiratsmärkte“. Mit diesem Tanz erwählt sich der Kirmesbursche seine Kirmesbraut. Sie bleiben für die Dauer der Kirmes zusammen. Daraus ergeben sich für beide Rechte und Pflichten. Für manches Kirmespaar bedeutete dies aber auch den Start in Eheleben. Abends ist Tanz für jedermann.
Am Montag geht es von Haus zu Haus, wobei Kirmesbräute, Platzmeister und der Siegesreiter ihr Ständchen erhalten. Hierbei müssen sich die Hamel durch besonderen Arbeitseifer auszeichnen, sind sie doch für das Einsammeln von Naturalien bei der Bevölkerung verantwortlich.
Anfang November (früher Ende Oktober) endet die Kirmes mit dem Kirmesabtanz. Hierbei wird die „Kirmespredigt“ verlesen, wobei jeder Teilnehmer mit einem lustigen Verschen bedacht wird. Aber auch die anderen Schnellmannshäuser kommen dabei nicht zu kurz.
Trauriges Aus ist dann die Kirmesbeerdigung. Dabei wird die „Kirmesleiche“ durch die trauernde Kirmesgesellschaft zu Grabe getragen. Zur Freude der Zuschauer wird durch einen „Kirmespfarrer“ in geschwollenen Traueramtsdeutsch das kurze Leben der Kirmes dargestellt und die Ursache, der Alkohol, für den schnellen Tod erklärt.
Selbstverständlich unterlag die Kirmes zu jeder Zeit einem steten Wandel und wurde immer den jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst. Alte Bräuche verschwinden bzw. werden wiederbelebt, neue Bräuche entstehen.
In Kriegszeiten fand keine Kirmes statt. So wurde 1939 noch Antanz gefeiert. Zum Ärger der einheimischen Mädchen befand sich zu dieser Zeit gerade eine Gruppe Mädchen einer höheren Schule zwecks Erntehilfe in Ort, welche den Kirmesburschen die Köpfe verdrehten. Die große Kirmes wurde wegen Beginn des zweiten Weltkrieges nicht mehr gefeiert.
Die erste Kirmes nach dem Krieg fand 1947 statt. Erste Platzmeister waren damals Paul Luhn (Mühlstr.) und Erich Schwanz, die dritten und vierten, auch Klatschmeister genannt, waren Samuel Glatz und Karl Honstein. Der Siegesreiter der 1947er Kirmes war Karl Honstein.
Der Tanzplatz musste seit dem Verschwinden des Festplatzes (Umbau 1950 - 1953 zum Sportplatz) mit verschiedenen Ausweichmöglichkeiten vorlieb nehmen, bis 1952 der neue Festplatz in der Wiesenstraße eingeweiht wurde. In diesen Jahren erhielten auch noch die Kirmesbräute ihr Ständchen nachts nach dem Tanz.
Ein Karussell konnte erstmalig 1880 bestaunt und benutzt werden. Hierbei handelte es sich um ein Modell „Marke Eigenbau“ welches von einem Pferdchen im Innenraum angetrieben wurde. Standort war damals „Auf dem Bache“, heute Helmut Schwanz (Mühlhäuser Str). Die Betreiber waren die Vorfahren der Familie Schieck aus Bad Langensalza. Die Schaustellerfamilie reist auch heute noch durch die Lande.
Mit Einführung der arbeitsfreien Samstage 1966 wurde auch der traditionelle Termin der Kirmes verändert und um einen Tag vorverlegt, standen doch jetzt zwei freie Tage zur Verfügung. Für einige Jahre wurden auch von den Kirmesburschen Arbeitseinsätze (z.B. Erntehilfe) geleistet, um die Kirmeskasse aufzubessern. Leider wurde diese freiwillige Bereitschaft von der Obrigkeit auch als Druckmittel missbraucht.
Ein recht junger Brauch (bei manchen im Ort als Unsitte bezeichnet) entstand in den 90er Jahren des letzten Jahrhundert´s: „Der Hammelkäfig“. Dabei wird der Hammel in ein drehbaren Käfig gesperrt und dort mit Alkohol, Nikotin und mehr oder weniger schmackhaften Nahrungsmitteln traktiert. Nach bestandener Prüfung kommt der Hammel als Kirmesbursch aus dem Käfig.
Die wichtigste Veränderung in den letzten 20 Jahren war der Übergang zur sozialen Marktwirtschaft. Die veränderte Versicherungs- und Rechtslage machte einen Verein als Träger notwendig. Bis dahin hat der erste Platzmeister alle Risiken privat abdecken müssen. Am 19. Sept. 1997 wurde der Kirmesverein Schnellmannshausen 1794 e.V. gegründet. Die Organisation blieb bis heute weiterhin in den Händen der Platzmeister und der gesamten Dorfjugend. Der Verein übernimmt die Vertragsmodalitäten mit Kapellen, Bands und Behörden sowie anderen Instituten.
Die Jahreszahl 1794 ergibt sich aus dem Neubau und Einweihung unseres Kirchenschiffes. Der Kirchturm stammt aus dem 13. Jahrhundert. Sicher gab es schon viele Kirchweihfeste vor 1794, leider kann man sie nicht nachweisen.
Eine Besonderheit stellt die Männerkirmes (sie wurde vor der Wende auch im September / Oktober, nach der Wende zu Pfingsten durchgeführt) dar. Sie wurde erstmalig 1971 gefeiert. Teilnehmer damals wie heute sind ehemalige Kirmesburschen denen wegen Heirat und/oder Vaterschaft die Teilnahme an der Burschenkirmes verwehrt wird, die aber nicht vom Kirmesfeiern lassen können. Seit 1985 gehört auch ein Fahnenreiten zum Programm, sodass jährlich zwei Pferderennen bestaunt werden dürfen. Leider ist wegen der schlechten Beteiligung der Bevölkerung am Pfingstwochenende seit sechs Jahren die Männerkirmes eingeschlafen. Im nächsten Jahr will man den Versuch unternehmen die Männerkirmes zusammen mit dem eher schlecht besuchten Kirmesantanz zulegen. Man darf gespannt sein wie die Burschen und Männer das gemeinsame Wochenende meistern.